Politische Schwerpunkte von Arbeitgeber Banken
Arbeitgeber Banken vertritt die Interessen der Bank- und Finanzbranche nicht nur gegenüber Behörden und in der Öffentlichkeit, sondern setzt sich in politischen Geschäften, die Arbeitgeberthemen der Bank- und Finanzbranche besonders betreffen, für branchenfreundliche Lösungen ein.
Reform der 2. Säule
Der Nationalrat hat am 8. Dezember 2021 dem Reformkonzept des Bundesrats für die zweite Säule eine klare Absage erteilt. Die sofortige Senkung des Umwandlungssatzes und eine Anpassung des Koordinationsabzuges bleiben zwar unbestritten. Bei den Massnahmen zur Kompensation der Übergangsgeneration hat der Nationalrat aber korrigierend eingegriffen und das ineffiziente und teure Modell des Bundesrats abgelehnt, das umlagefinanzierte Rentenzuschläge nach dem Giesskannenprinzip vorgesehen hat.
Der Nationalrat hat am 8. Dezember 2021 dem Reformkonzept des Bundesrats für die zweite Säule eine klare Absage erteilt. Die sofortige Senkung des Umwandlungssatzes und eine Anpassung des Koordinationsabzuges bleiben zwar unbestritten. Bei den Massnahmen zur Kompensation der Übergangsgeneration hat der Nationalrat aber korrigierend eingegriffen und das ineffiziente und teure Modell des Bundesrats abgelehnt, das umlagefinanzierte Rentenzuschläge nach dem Giesskannenprinzip vorgesehen hat.
Das vom Nationalrat verabschiedete Modell sieht die Senkung des Umwandlungssatzes von 6,8 auf 6 Prozent vor. Zum Ausgleich der Umwandlungssatzverluste soll die Übergangsgeneration von 15 Jahrgängen einen jeweils auf fünf Jahre abgestuften Zuschlag von 2400, 1800 und 1200 Franken erhalten. Im Gegensatz zum Bundesratsmodell steht dieser Zuschlag aber nicht allen Versicherten zu, sondern nur denjenigen, die von der Senkung des Umwandlungssatzes auch tatsächlich betroffen sind. Mit der Senkung der Eintrittsschwelle in die berufliche Vorsorge auf einen Jahreslohn von 12 548 Franken (bisher: 21 510 Franken) will der Nationalrat die Vorsorgesituation von Beschäftigten im Tieflohnbereich verbessern. Die gleiche Zielsetzung wird mit der Halbierung des Koordinationsabzuges von derzeit 25 095 auf 12 443 Franken verfolgt. Der Sparbeginn soll zudem früher einsetzen, weshalb das Antrittsalter in die zweite Säule von 25 auf 20 Jahre gesenkt wird. Schliesslich soll es bei den Lohnabzügen nur noch zwei statt vier Kategorien geben: 9 Prozent (20–44 Jahre) und 14 Prozent (ab 45 Jahre). Zur Finanzierung der Ausgleichsmassnahmen für die Übergangsgeneration wird ein Abzug von 0,15 Prozent auf dem versicherten Lohn erhoben. Zudem müssen die bei den Vorsorgeeinrichtungen vorhandenen Rückstellungen berücksichtigt werden.
Arbeitgeber Banken begrüsst das nationalrätliche Reformkonzept, da es bedarfsgerecht ausgestaltet ist. In Bezug auf das Finanzierungskonzept liegt das Modell nahe dem sogenannten «Mittelweg/ASIP-Modell», das von Arbeitgeber Banken gemeinsam mit rund 40 Wirtschafts- und Expertenorganisationen eingebracht wurde.
Im April 2022 hat die vorberatende Kommission des Ständerats ein Modell vorgeschlagen, das in wesentlichen Teilen von demjenigen des Nationalrats abweicht. Im Ergebnis würde dieses Konzept dazu führen, dass fast 90 Prozent der Versicherten in der Übergangsgeneration einen Zuschlag erhalten würden, obschon nur für rund 14 Prozent der Versicherten überhaupt ein Ausgleich notwendig wäre, um ihr Rentenniveau zu halten. Beim Nationalratsmodell würden 35 bis 40 Prozent der Versicherten profitieren. Dieser Ausbau in Richtung Giesskannenmodell führt im Vergleich zum Nationalratsmodell zu einer Verdoppelung der Reformkosten auf ca. 20 Milliarden Franken.
Stabilisierung AHV
Am 17. Dezember 2021 hat das Bundesparlament die Reform AHV 21 sowie den Bundesbeschluss über die Erhöhung der Mehrwertsteuer mit klaren Mehrheiten angenommen. Ziel der Reform ist es, das finanzielle Gleichgewicht der AHV zu sichern und das Leistungsniveau in der AHV zu erhalten. Arbeitgeber Banken begrüsst die vom Parlament beschlossene AHV-Reform.
Zentrales Element der Reform ist die Vereinheitlichung des Referenzalters für Männer und Frauen auf 65 Jahre in der AHV und in der obligatorischen beruflichen Vorsorge. Das Referenzalter der Frauen wird etappenweise von 64 auf 65 Jahre angehoben.
Für Frauen der Übergangsgeneration (9 Jahrgänge) sieht die Reform verschiedene Ausgleichsmassnahmen vor. Diese beinhalten unter anderem für Frauen, die ihre Altersvorsorge nicht vorbeziehen, einen lebenslangen AHV-Zuschlag. Ebenfalls abgestuft nach Einkommen gibt es für Frauen, die frühzeitig in Rente gehen, Kürzungssätze sowie die Möglichkeit des Rentenvorbezugs für maximal drei Jahre ab 62 Jahren.
Ein weiterer Bestandteil der Reform ist die Flexibilisierung des Rentenbezugs. Es soll für Frauen und Männer eine flexible Pensionierung zwischen 63 und 70 Jahren in der AHV und der obligatorischen beruflichen Vorsorge sowie ein gleitender Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand durch die Einführung des Teilrentenvorbezugs und des Teilrentenaufschubs ermöglicht werden.
Weiter sind in der Reform AHV 21 Anreize für die Erwerbstätigkeit ab 65 Jahren vorgesehen. Nach Erreichen des Referenzalters können AHV-Beiträge auf kleine Löhne bezahlt werden und die nach dem Referenzalter geleisteten AHV-Beiträge werden berücksichtigt, um die Rente aufzubessern.
Ein weiteres wichtiges Element der Reform ist schliesslich die Zusatzfinanzierung durch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer mittels einer zeitlich unbegrenzten, proportionalen Mehrwertsteuererhöhung von 0,4 Prozentpunkten.
Das Schweizer Stimmvolk muss in jedem Fall über die Erhöhung der Mehrwertsteuer abstimmen, die gemäss Bundesbeschluss dem obligatorischen Referendum unterliegt. Ein Bündnis aus Gewerkschaften, linken Parteien und Frauenverbänden hat das Referendum gegen den Gesetzesentwurf zur AHV-Reform eingereicht, womit auch dieser Teil der Reform zur Abstimmung kommen wird.
Alle Massnahmen sind miteinander verknüpft: Die Mehrwertsteuererhöhung kann nur in Kraft treten, wenn auch die anderen Massnahmen angenommen werden, und umgekehrt.
Teilflexibilisierung des Arbeitsgesetzes
Im März 2016 reichte der damalige CVP-Ständerat Konrad Graber eine parlamentarische Initiative ein, welche die «Teilflexibilisierung des Arbeitsgesetzes und den Erhalt bewährter Arbeitszeitmodelle» fordert. Die Initiative schlägt die Einführung eines Jahresarbeitszeitmodells auf Gesetzesstufe und die Flexibilisierung der Bestimmungen zur Arbeits- und Ruhezeit im Arbeitsgesetz vor. Seit nunmehr knapp sechs Jahren brüten der Ständerat und dessen Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK-S) über dieser parlamentarischen Initiative.
Im Februar 2022 ist die WAK-S zum Schluss gekommen, dass sich ihre Hauptanliegen, nämlich die Möglichkeit zur kurzen Unterbrechung der Ruhezeit und die Möglichkeit, freiwillig am Sonntag zu arbeiten, im Rahmen des geltenden Arbeitsrechts nicht umsetzen lassen.
Die Kommission hat deshalb einen Befreiungsschlag gewagt und entschieden, einen anderen als den bisherigen Weg zur Umsetzung der parlamentarischen Initiative Graber einzuschlagen: Die Mehrheit beantragt dem Ständerat nun, in Artikel 3 des Arbeitsgesetzes festzuschreiben, unter welchen Voraussetzungen Arbeitnehmende vom Geltungsbereich des Gesetzes ausgenommen sein sollen. Genannt werden unter anderem eine Vorgesetztenfunktion, ein Bruttoeinkommen von über 120 000 Franken oder ein höherer Bildungsabschluss sowie eine grosse Autonomie bei der Gestaltung der Arbeitszeit. Ausserdem soll die Ausnahme auf Arbeitnehmende in Betrieben beschränkt sein, die hauptsächlich in den Bereichen Informationstechnologie, Beratung, Wirtschaftsprüfung oder Treuhand tätig sind. Eine weitere Bedingung ist die schriftliche Zustimmung der Arbeitnehmenden. Die Kommission legt zudem explizit fest, dass die Vorschriften zum Gesundheitsschutz auch für die neu vom Geltungsbereich ausgenommenen Gruppen von Arbeitnehmenden gelten sollen.
Der Bundesrat hat im April 2022 zu diesem Vorschlag ausführlich Stellung genommen und beantragt, nicht auf die von der WAK-S erarbeitete Gesetzesvorlage einzutreten. Der Bundesrat «ist der Ansicht, dass der Weg einer Verordnungsanpassung für die Einführung eines Jahresarbeitszeitmodells für die betroffenen Branchen gangbar und innert nützlicher Frist realisierbar wäre», schreibt er in seiner Stellungnahme. Ein dahingehender Verordnungsentwurf sei vor nicht allzu langer Zeit von den Dachverbänden der Sozialpartner beraten worden, und der Bundesrat erachte die Chancen, dass ein Konsens erzielt werden kann, nach wie vor als intakt, hält er weiter fest. Daraufhin hat die WAK-S entschieden, die Sozialpartner anzuhören, bevor sie ihre Vorlage in den Rat bringt. Diese Anhörungen werden voraussichtlich im Herbst 2022 stattfinden.
Arbeitgeber Banken unterstützt grundsätzlich Bestrebungen zur Liberalisierung des Arbeitsgesetzes. Die Einführung eines Jahresarbeitszeitmodells ist vor allem für die Beratungsbranche wichtig, deren Geschäftsverlauf starken saisonalen Schwankungen unterliegt. Für die Bankbranche steht demgegenüber die Vertrauensarbeitszeit im Vordergrund, da sich die eigenverantwortliche Gestaltung der Arbeitszeit – unabhängig von saisonalen Schwankungen – zumindest auf Kaderstufe zu einem weitverbreiteten Arbeitsmodell etabliert hat. Mit der 2016 eingeführten Möglichkeit zum Verzicht auf die Zeiterfassung und der Einführung der «Vereinbarung über die Arbeitszeiterfassung in der Bankbranche» wurde aus Sicht der Bankbranche das wichtigste Liberalisierungspostulat umgesetzt.
Vor diesem Hintergrund ist eine Teilflexibilisierung im Sinne der Initiative Graber für die Bankbranche nicht prioritär. Das Anliegen wird zugunsten der betroffenen Branchen aber dennoch unterstützt.
Lastenausgleich Familienausgleichskassen
Die Finanzierung der Familienzulagen erfolgt über Prozentsätze vom Lohn, welche der Arbeitgeber abführt. Diese Lohnanteile sind nicht einheitlich festgelegt. Der Bund regelt die Mindestleistungen für Kinderzulagen und Ausbildungszulagen für Jugendliche, nicht jedoch die Beitragssätze der Familienausgleichskassen (FAK).
Um eine faire Lastenteilung bei den Familienleistungen innerhalb der Kantone zu erzielen, soll gemäss der Motion «Familienzulagen. Für eine faire Lastenverteilung» von Altständerat Isidor Baumann (CVP) innerhalb eines Kantons der Lastenausgleich zwischen den FAK verpflichtend eingeführt werden. In sechzehn Kantonen gibt es bereits einen vollen Lastenausgleich zwischen den FAK, in zehn Kantonen würde die Einführung notwendig.
Der Bundesrat schickte im April 2020 einen Vorentwurf zu einer Revision des Bundesgesetzes über die Familienzulagen in die Vernehmlassung. Arbeitgeber Banken sprach sich in seiner Stellungnahme zuhanden des Bundesrates klar gegen die Einführung eines zwingenden, vollen Lastenausgleichs unter den Familienausgleichskassen aus.
Im Anschluss an diese Vernehmlassung hat der Bundesrat entschieden, dass er angesichts der stark kontroversen Stellungnahmen einen einschneidenden Eingriff in die kantonale Zuständigkeit für nicht vertretbar hält. Daher hat er beschlossen, dem Parlament die Motion zur Abschreibung zu beantragen. Ende April 2022 entschied die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerats (SGK-S) entgegen dem Antrag des Bundesrates, die Motion Baumann nicht abzuschreiben und erneut dem Ständerat zur Annahme zu unterbreiten. Arbeitgeber Banken zeigt sich enttäuscht von diesem Kommissionsentscheid und wird sich weiterhin gegen die Einführung eines zwingenden, vollen Lastenausgleichs unter den Familienausgleichskassen einsetzen.